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Meine KTM

Als Jugendlicher bin Sommer wie Winter und bei jedem Wetter mit der RT 125 von meinem Opa gefahren. Wann ich damit angefangen habe, weiss ich nicht mehr. Mein Vater: "Du darfst damit fahren wenn Du sie vom Ständer heben und wieder aufstellen kannst". Dann kamen Studium, Familie und Auto, kein Geld und keine Zeit zum Motorradfahren. Wieder angefangen habe ich als mir eine Kollegin ihre Suzuki GN125 angeboten hat. Nachdem ich mehrere Jahre mit der Suzuki gefahren bin, habe ich wieder zur Freude am Motorradfahren zurückgefunden. Leider ist die Suzi mit den Jahren immer störanfälliger geworden und auch manchmal nicht mehr angesprungen. Bereits bei der letzten Durchsicht wurden einige notwendige aber kostspielige Reparaturen angemahnt, so dass ich mich doch schweren Herzens entschlossen habe, mir einen neuen fahrbaren Untersatz zu kaufen. Ich wollte keinen Renner sondern etwas "altersgerechtes", ein "naked bike" unter 500 ccm3. Das hat sich leider als nicht so einfach erwiesen. Ursprünglich hätte mir eine 250 iger gereicht aber die gab es aus irgend welchen Gründen nicht mehr, weder eine Hyosung noch Yamaha oder KTM, also dann doch eine gebrauchte Suzuki GS500E oder eine Kawasaki ER5! Leider auch Fehlanzeige, sicher gibt es welche aber nicht zur Zeit wo ich sie gebraucht hätte und wenn dann irgendwo weit weg. Die nächste Kategorie sind die 300 er mit der Yamaha MT 03, der Kawasaki Ninja 300 und der KTM Duke 390. Die Ninja ist herausgefallen weil ich keine Verkleidung wollte und bei Yamaha hat der Händler nicht auf meine Mail geantwortet also ist es die KTM Duke 390 geworden. Vom Aussehen her währe es nicht meine erste Wahl gewesen da ist sie mir zu flippig und zu auffällig. Aber wie es im Leben so geht, mittlerweile ist aus einer Vernunftehe eine echte Liebesbeziehung geworden. Vom Fahrverhalten ist sie schon eine andere Kategorie als meine kleine Suzuki. Bei der Duke braucht man nur mal am Gas zu drehen und sofort schiebt der Einzylinder-Motor gnadenlos nach vorn. Zusammen wiegen wir nur 210 kg und da reichen die 44 Ps für einen ordentlichen Vorschub durchaus aus. Von 0 auf 100 brauche ich weniger als 6 s, das reicht um sich am Ende einer Ortschaft an die Spitze der Kolonne zu setzen oder für ein schnelles Überholmanöver. Wie schnell sie fährt, kann ich noch nicht sagen. Bei 130 fängt es an ungemütlich zu werden und bei 150 muss ich mich schon sehr festhalten und gegen den Fahrtwind ankämpfen. Irgend wann werde ich es aber herauszufinden versuchen, aber bis dahin muss ich meine Nackenmuskeln noch etwas trainieren denn die halten dem Winddruck bei diesen Geschwindigkeiten noch nicht lange genug stand. Was immer wieder Spaß macht, sind die schönen, kurvenreichen thüringer Landstraßen, da kann ich immer im optimalen Drehzahlbereich fahren und durch die Kurven düsen dass die Heide wackelt. Ich hätte nie gedacht dass ich auf meine alten Tage noch mal dem Geschwindigkeits- und Kurvenrausch verfalle. Die Sitzhöhe ist für meine 169 cm gerade noch akzeptabel aber noch höher dürfte sie nicht sein. Die Sitzposizion ist leicht nach vorne gebeugt und deutlich weniger aufrecht als bei meiner Suzuki. Die Knie gehen etwas nach hinten und insgesamt nimmt man eine Sitzposition ein, die so zwischen Schopper-aufrecht und Renner-liegend angesiedelt ist. Das ist recht bequem, man hat das Motorrad jederzeit fest zwischen den Knien eingeklemmt und kann wunderbar präzise einlenken und steuern. Die Brems- und Kupplungshebel sind nicht einstellbar. Damit habe ich aber überhaupt kein Problem, obwohl ich, entsprechend meiner Körpergröße, auch kleine Hände und kurze Finger habe. Es gibt natürlich auch Grenzen und die betreffen die Handlichkeit bei schlechter Fahrbahn. Bodenwellen, Gullydeckel, einzelne Schlaglöcher oder Bumper steckt die KTM ohne Probleme weg. Schwierig wird es bei stark geflickten und holprigen Straßen oder Pflaster. Da wird sie sehr unruhig, die Unebenheiten schaukeln sich auf und werden direkt an den Fahrer weitergegeben. Schotterpisten oder Kopfsteinpflaster mag sie gar nicht, da fängt das Hinterrad an auszubrechen und man muss ordentlich zupacken um sie in der Spur zu halten. Auf Sand oder losem Splitt fängt sie direkt an zu schwimmen, dafür ist sie absolut nicht geeignet. Eine Längere Tour (ca. 4 h) auf Landstraßen, Feldwegen und teilweise auch Schotterpisten hat vor Allem meine Hände beansprucht. Extrem häufiges Schalten und Bremsen sowie das feste Zupacken im Gelände war doch sehr anstrenged und die Hände waren hinterher wie aus Gummi.

Insgesamt gibt es an der KTM also nicht viel zu meckern. Was mir wirklich fehlt ist ein Zentralständer. Ok, wo normalerweise der Ständer ist, habe ich den Auspuff aber da hätten sich die Ingeneure schon was einfallen lassen können. Eine Kuriosität ist auch der Tankdeckel, der öffnet nach der ergonomisch falschen Seite. Wahrscheinlich haben die Ingeneure selber nie getankt, sonst hätten sie es bemerkt. Theoretisch kann man den umbauen oder aber man gewöhnt sich dran. Es gibt ein Multifunktionselement das den normalen Tacho ersetzt. Die Geschwindigkeit wird digital mit einer großen Zahl angegeben, für die Drehzahl gibt es ein Balkendiagramm und wenn man die richtige Menüeinstellung gefunden hat, auch einen Tageskilometerzähler. Darüberhinaus bietet das Gerät jede Menge überflüssige Informationen die man während der Fahrt sowiso nicht ablesen kann. Versuchen Sie mal bei 100 km/h sich mit Handschuhen durch ein Menü am Tacho zu drücken. Sehr lustig ist die Anzeige des Tankinhaltes und die daraus abgeleitete Restreichweite. Es ist nicht klar nach welchem Prinzip die Volumenmessung erfolgt, aber sie funktioniert nicht und geht nach dem Mond. Das ist halt ein Zugeständnis an das digitale Zeitalter und die Ingeneure hatten nicht den Mut sich auf das wesentliche zu konzentrieren. Insgesamt bin ich ja ein großer Fan von klassischen Motorrädern mit einer traditionellen und ästhetischen Form. So eine Kawasaki W800 oder eine Triumph Bonville währe schon schick gewesen. Aber mittlerweile habe ich die moderne Technik durchaus schätzen gelernt, bin mit meiner 390 Duke mehr als zufrieden und würde sie auf keinen Fall gegen ein anderes Motorrad tauschen wollen.

meine Enkel auf der Duke

Zum Zubehör gibt es auch noch was zu sagen. Als Brillenträger gibt es immer Helmprobleme. Auf der Suzuki hatte ich einen Jethelm, sehr praktisch. Das geht auf der KTM nicht mehr, dafür ist die Geschwindigkeit und die Beschleunigung zu koch. Der Klapphelm von Caberg ist da ein vernünftiger Kompromiss. Den kann ich aufsetzen ohne die Brille abzunehmen und dann zuklappen. Das ist jetzt kein Spitzenmodell, bietet aber ausreichend Komfort und gute Sicherheit. Montiert habe ich mir ausserdem einen kleinen Windschild, einen "Touringschild" aus dem Zubehörkatalog. Der stört das "naked bike" Konzept nicht, mindert aber den Winddruck ein bischen. Die Gepäckbox passt nicht so richtig zum windschnittigen Design des Motorrades. So eine Box hatte ich schon auf der Suzuki und habe mich so sehr dran gewöhnt, dass ist sie nicht mehr vermissen möchte. Montiert ist sie auf dem Soziussitz, ich kann daher niemand mehr mitnehmen. Das Fehlen des Zentralständers macht sich nicht nur beim Parken bemerkbar, sondern auch wenn man z. B. die Kette schmieren möchte. Das Hinterrad dreht sich nicht frei und man kommt nicht an die gesamte Kette dran. Dafür gibt es im Zubehörhandel ein Gestell zum aufbocken und rangieren, das aber wiederum nur funktioniert wenn man sich auch die dazugehörigen Bolzen für die Hinterradschwinge kauft.

Zum Motorradfahren gehört natürlich auch mal ein ADAC Motorradtraining. Ich habe meins in Schleiz absolviert, auf einem abgesperrten Teil der Rennstrecke. Wir waren 12 Teilnehmer und ein Fahrlehrer. Ungefähr die Hälfte der Teilnehmer waren Grauköpfe wie ich, es waren nur ein Jugendlicher dabei und eine Frau. Bei den Motorrädern hatten wir zwei vollverkleidete Renner, eine Enduro, einige Reiseenduros sowie eine BMW K1600, ein Koloss mit 380 kg Gewicht. Der Rest waren naked Bikes unterschiedlicher Modelle und Hubraumklassen aber erstaunlicherweise keine Harley oder sonstiger Chopper. Meine KTM war das kleinste Motorrad und neben den anderen sah sie schon ein bischen mickrig aus. Aber es hat sich wieder mal herausgestellt das klein auch agil, handlich und wendig bedeutet. Wenn der Fahrlehrer was erklärt hat, standen wir mit unseren Motorrädern immer dicht zusammen. Bis sich die anderen aus diesem Pulk befreit hatten, war ich meist schon mitten in der nächsten Übung. Anhalten auf dem Punkt genau, enge Wendungen, Slalom, Anfahren mit maximalen Lenkereinschlag und schnelles Ausweichen auf der Geraden wurden geübt und die Möglichkeiten und Grenzen ausgelotet. In einer S-Kurve haben wir dann die optimale Kurvenlinie gesucht und unsere Schräglage in Kurven verbessert. Da war die KTM richtig in ihrem Element, mit vollem Karacho in die Kurve legen ist genau ihr Ding. Auch beim Ausweichmanöver in der Kurve und beim Bremsen in der Kurve hat sie völlig neutral reagiert und keine Zicken gemacht. Das schwierige war es meine Angst zu überwinden und dem Motorrad zu vertrauen. Am Ende des Tages war ich so was von erschöpft und müde wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Die permanente Konzentration und Anspannung, verbunden mit regelmässigen Adrenalinschüben, haben ihren Tribut gefordert. Aber auch hier wieder waren meine Hände wie aus Gummi und ich hatte Mühe die 50 km Heimweg noch zu schaffen. Insgesamt war es ein toller Tag mit einem sehr gutem Fahrlehrer, der uns die Dinge sowohl praktisch vorgeführt als auch theoretisch erklärt hat.

hier sitze ich auf einer Harley Davidson Heritage Softail

Hier bin ich mal Fremdgegangen. Im Frühjahr 2019 war ich bei einer geführten Motorradtour durch Florida dabei und war auch auf der Daytona Bike Week. Das Motorrad war eine Harley Davidson Heritage Softail mit knappen 350 kg Gewicht. Ich hatte schon ein bischen Bammel vor so einem Koloss, aber sitzt man einmal drauf, merkt man davon nichts mehr. In Amerika kommt man damit gut zurecht, die Straßen sind meist in gutem Zustand, die Geschwindigkeiten moderat und Kurven gibt es kaum. Aufpassen muss man beim Einparken, schon bei leichtem Gefälle hat man kaum eine Chance das Ding aus der Parklücke zu schieben, also ist immer rückwärts einparken angesagt. Jetzt weiss ich auch woher der Begriff "Feuerstuhl" kommt. Der stammt von einem Harley Fahrer, denn jedes Teil des Motorrades wird heiß und man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht verbrennt. Was mich wirklich genervt hat, war die endlose Suche nach dem Leerlauf der sich einfach nicht sauber schalten hat lassen. Da lob ich mir meine KTM bei der alles nur so flutscht und man sich auch nicht verbrennt. Alles in Allem war das aber eine wunderbare Tour, alles war organisiert und man musste sich um nichts kümmern. Der Guide hat schöne Strecken herausgesucht und sich von unseren vielen Fragen zu Land und Leuten auch nicht nerven lassen. Zur Bike Week konnten wir uns eigenständig bewegen und auch ein bischen auf eigene Faust rumkurven, es war einfach wunderbar. Das Fahren in Amerika und speziell in Florida ist sehr entspannend und sicher nichts für anspruchsvolle Motorradfahrer. Von Kreuzungen, Einmündungen und Auffahrten abgesehen kamen wir im Durchschnitt auf eine Kurve pro Tag und insgesamt hatten wir zwei S-Kurven zu bewältigen. Dafür gab es die endlose Weite der Everglades, den Duft der Orangenhaine und traumhafte Strände, die wir natürlich auch genossen haben.